…ein (letzter) Versuch über das Gendern.
Die Männer sind alle Verbrecher …
Stimmt das? Die einen sagen so, die anderen so. Hildegard Knef jedenfalls sang so. Johannes Heesters wiederum, vielleicht kein Titan in der Frauenbewegung, meinte, erfahren: „Jede Frau hat ein süßes Geheimnis …“
Seitenhiebe auf Seitensprünge also, nur, dass die Männer hier die Verbrecher sind. Oder sind sie die Verbrechenden? Wären die zitierten Schlagerzeilen allgemeingültig, dann wäre derselbe Tatbestand bei Frauen eher lässlich, bei Männern jedoch kriminell. Das ist aber offensichtlich nicht überall so. Vor etwa zweieinhalb Jahren wurde in der Justizverwaltung der indonesischen Provinz Aceh eingeführt, dass Ehebrecherinnen seither von (weiblichen!) Auspeitschenden gezüchtigt wurden. Bis dahin wurde diese Strafe von Männern ausgeführt. Nun verringert sich die Strafe um eine Schamesnote. Ob dies ein wertvoller Beitrag zur Gleichberechtigung ist? Denn man hört nichts über die Bestrafung männlicher Seitensprüngler dort.
Vieles wurde gesagt und geschrieben über Studenten, Studierende und Studentinnen. Das Wort „Student“ kommt vom Partizip des lateinischen Wortes für „lernen, sich bemühen“ und wurde erst durch den Artikel im Deutschen männlich gemacht, könnte eigentlich also auch für Frauen oder Mariechen, [„das“!] „weinend … im Garten“ saß, gelten. Ob sie eine Studentin war, wissen wir nicht, nur, dass sie, als sie da mit ihrem Kind saß und weinte, nachdem ihr Mann (wieder ein Verbrecher!) sie verlassen hatte. Aber sie wurde keine Verbrecherin, wegen des Kindes freundlichen Blicks.
Die Regeln für die Verwendung des Partizip Präsens, welches bei derartigen Worten angewandt werden, müssten heute eigentlich erweitert werden um die Unterscheidung zwischen der Gleichzeitigkeit (der Normalfall: „Das kochende Wasser“ – es kocht jetzt gerade oder dann, wenn es soll) und der Möglichkeit („Das Wasser kann kochen“, nämlich wenn Temperatur und Luftdruck dies ermöglichen). Eine „surfende Studierende“? Sie surft im Moment, aber eigentlich soll oder könnte sie studieren. Hier wäre (man spricht von einem „Nebensinn“) die folgende Reinschrift angebracht: „Eine eigentlich oder hauptsächlich an einer Hochschule sich um die gesamtgesellschaftliche Rendite der von ihr verursachten Ausbildungskosten Bemühende surft gerade.“ Korrekt ausgedrückt. Ob nun auch Mariechen generell weinerlich veranlagt war, darüber schweigt der Dichter, wir nehmen jedoch an, dass sie damals im Garten wegen ihrer speziellen Gemütsverfassung heiße Zähren vergoss.
Ist also eine Studierende eine eigentlich, aber nicht notwendig immer Studierende?
Sophisterei, olle Kamellen?
Dass die Sprache, die Semantik, die Grammatik das Denken beeinflussen, wird meist angezweifelt. Wie sonst erklärt sich der häufig angeprangerte Machismo in Arabien, China, der Türkei, Japan? Dort werden die Männer hauptsächlich von den Müttern oder Großmüttern erzogen, aber die Sprache unterscheidet selten oder nie zwischen einer Ärztin und einem Arzt, außer, wenn diese Unterscheidung von Bedeutung ist.
Dass eine Mehrheit der Deutschen das Gendern wünscht, ist auch nicht nachgewiesen. Nur tritt in diesem Falle ein wenig beachteter Umstand hinzu:
Eigentlich geht es um Führung bei einer gesellschaftlichen Entwicklung sowie die „Wokeness“.
Wir sollen nämlich an eine neue Sprach- und Schreibgewohnheit herangeführt werden. In der Wirtschaft gehört zur Führung auch die Motivation, dass nämlich die Betroffenen mit Überzeugung, und wenn es geht, auch mit etwas Freude, die neu von ihnen verlangten Methoden, Verfahren, Organisationsformen annehmen und anwenden.
Nun nimmt heute eine Minderheit unserer Mitmenschen das Heft in die Hand und initiiert eine Änderung der Sprachgewohnheit.
Bislang setzten sich Änderungen schleichend durch, wie sich beispielsweise die Anrede in offiziellen Schreiben von „Sehr geehrte Herren!“ noch in den Fünfzigern und Sechzigern allmählich in „Sehr geehrte Damen und Herren,“ wandelte. Dass nun eine interessierte Minderheit dieses Thema nicht etwa aufnimmt, sondern kreiert, ist nicht anstößig, sondern schon bemerkenswert. Ob wir es allerdings akzeptieren, kommt jedoch darauf an, ob und wie sie uns überzeugt oder zwingt. In einem Betrieb jedenfalls ist Überzeugung überzeugender als Zwang oder Vorschrift.
Frauen nehmen heute in Gesellschaft, Wissenschaft, Politik und Industrie eine vor hundert Jahren unvorstellbar wichtige, ihnen jedoch natürlich zukommende, auch intellektuelle Rolle ein. Sie verdanken das zunächst ihrem Engagement. Fortschritte in Medizin und Aufklärung sind auch unter den Faktoren, die hierzu geführt haben, ebenso viele männliche Förderer. Jedenfalls führte eine Mehrzahl von Umständen dazu, dass Frauen heute viel mehr auch in solchen Bereichen in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten wie früher hauptsächlich Männer.
Wie die Freiburger Philosophin Andrea Günter kürzlich klargestellt hat, sind Frauen zunächst Menschen und erst in zweiter Linie weiblich. Das ist wichtig, denn sonst müssten wir den Auftritt der Frauen in bisher Männern vorbehaltenen Gebieten als (kulturelle?) Aneignung (ähnlich wie das angeprangerte „Blackfacing“) oder sogar als Anmaßung verurteilen. Wir tun das nicht, und daher dürfen Frauen auch Hosen und sollen auch mal die Hosen anhaben.
Und wenn sich heute eine Anzahl von Frauen nicht mehr richtig angesprochen fühlt, wenn summarisch von „den Lehrern“, „den Ärzten“, „den Patienten“, „den Verbrechern“, „den Hebammen“ (Sokrates fühlte sich als Geburtshelfer für schwierige Gedanken!), „den Menschen“, „den Gästen“, „den Eunuchen“, „den Bauarbeitern“, „dem Hauptmann“ (im Plural übrigens schon immer „Hauptleute“) oder „der Mannschaft“ gesprochen wird, sollen wir sie eben ernst nehmen, allein aus Anstand und Respekt. Es gibt so viele Begriffe, die in den letzten fünfzig Jahren unaussprechlich oder unaussprechbar wurden, wie das „I-Wort“, das „E-Wort“, das „N-Wort“, das „Z-Wort“ und einige mehr. Dafür sind das „A-Wort“, das „G-Wort“ und das „F-Wort“ heute fast schon hoffähig. So ändern sich Sprachgewohnheiten.
Ist die neue Sprechweise ein Ausdruck von „Wokeness“?
Heißt das dann, dass sich unzeitgemäß, peinlich oder gar politisch verkehrt ausdrückt, wer sich nicht an die neue Regelung hält? Ich hoffe nicht. Wokeness wird, je nach Sichtweise, als autoritär, sogar totalitär (von rechts) oder als „periphere Sensibilität einer akademischen Mittelschicht“ (von links) empfunden. Soweit wollen wir hier jedoch nicht gehen, solange kein Feminat herrscht.
Wer dies für richtig oder opportun hält, mag nun mitten im Wort den Knacklaut anbringen, (wie bei „Engel:innen“) den wir bisher nur vom Wortbeginn mit einem Selbstlaut kennen. Wer das möchte, soll es also tun, auch wenn Duden und die Gesellschaft für Deutsche Sprache sich noch etwas zieren. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob beide männerdominiert sind.
Vielleicht sollten wir in Zukunft den Doppelpunkt mitten im Wort hauptsächlich im Schriftgebrauch, wie als Abkürzung nutzen.
Ein freundlicher Appell:
Liebe Schriftreformer und Sprachreformerinnen, überlasst es doch bitte dem einzelnen Mann und der einzelnen Frau, wie sie sich ausdrückt. Zwangsmaßnahmen, Vorschriften (wie in einigen Universitäten oder Betrieben) haben einen sehr schalen Beigeschmack. Sie legen nämlich den Schluss nahe, dass es an Überzeugung und/oder Überzeugungsfähigkeit mangelt.
Überzeugt uns also, aber versucht bitte nicht uns zu zwingen! Daher: Jede nach ihrem Geschmack!
Aber sonst sind wir Männer, wie die All-zwecksphilosophin Knef listig bemerkte, eben doch (übrigens doppelt!) lieb.
Persönlich werde ich Frauen auch weiterhin die Türen öffnen, sie auf der richtigen Seite gehen lassen und ihnen aus dem Mantel helfen, wenn sie dies gestatten.
Ein älterer weißer Mann
(Name der Redaktion bekannt)
…zum Schmunzeln.
Der Erfinder des Laufbandes starb im Alter von 54 Jahren! 😱
Der Erfinder der Gymnastik starb im Alter von 57 Jahren! 😱
Der Bodybuilding-Weltmeister starb im Alter von 41 Jahren! 🙈🙈🙈
Der beste Fußballer der Welt, Maradona, starb im Alter von 60 Jahren!
James Fuller Fixx wurde zugeschrieben, er habe dazu beigetragen,
Amerikas Fitnessrevolution zu starten, indem er den Laufsport populär machte.
Er starb beim Joggen im Alter von 52 Jahren an einem Herzinfarkt!
ABER…
Der Erfinder der Marke Nutella starb im Alter von 88 Jahren!
Der Zigarettenhersteller Winston starb im Alter von 102 Jahren!
Der Erfinder des Opiums starb im Alter von 116 Jahren bei einem Erdbeben!
Wolfgang Albrecht (Zitate aus Social Media) im Februar 2023
Über- und Ausblick zum Stand der Corona-Forschung.
Kaum einer redete im Sommer noch viel über Corona, andere leugneten es weiterhin, und es war kaum noch von Infektionen die Rede, und kaum noch von den Menschen, die noch mit Covid-19 ins Krankenhaus kamen. Und schön wäre gewesen, wenn es dabei geblieben wäre. Aber SARS-CoV-2 kann uns nochmals einen unangenehmen Herbst bescheren, so hier erste Meldungen.
Die Hölle, das sind die anderen. Der Satz stammt vom Existenzialisten Jean-Paul Sartre, könnte aber auch aus Gesundheitsminister Lauterbachs Wortschatz stammen. Der Gesundheitsminister jedenfalls beklagte die abnehmende Solidarität der Gesellschaft. »Wenn ich warne, dass die Zahl der Corona Toten wieder steige, fragen mich die Zuhörer: Wie alt sind die Gestorbenen? Wenn ich dann sage, so 80 oder 85 Jahre alt, heißt es: Was wollten diese Leute denn noch vom Leben?«
Karl Lauterbach hat recht, wenn er das allgemeine Corona-Schulterzucken, diese zum Teil immer unverhohlener zum Ausdruck gebrachte »Wer sich infiziert und stirbt, ist selber schuld«-Mentalität anprangert. Was ihn außerdem bestürze, seien die vielen Menschen, die an Long Covid erkrankten, so Lauterbach. Eine von ihnen ist die freie Autorin und SPIEGEL-Kolumnistin Margarete Stokowski. Heute bei Tag 264 seit Symptombeginn, berichtete Stokowski auf der Pressekonferenz zum Start der bundesweiten Coronaschutzkampagne.
Sie sei nach ihrem milden Verlauf einer Coronaerkrankung trotz Impfung nicht gesund geworden und leide bis heute unter täglichen Kopfschmerzen, Herzrasen, Fatigue und einer Belastungsintoleranz. Eigentlich schreibt Stokowski jede Woche eine Kolumne auf der SPIEGEL-Homepage. Ihre Texte gehören zu den meistgelesenen auf der Seite. Seit April muss sie pausieren. In einem ihrer Texte nach der Infektion schrieb sie über ihre Wut. Sie ärgere sich nicht darüber, sich infiziert zu haben. Sie sei aber wütend »auf die Gesamtsituation, in der wir alle uns befinden. Weil so wahnsinnig viel falsch läuft und so viele das in einer Mischung aus Erschöpfung, Ignoranz und Fatalismus hinnehmen. «
Mehr als eine Million Menschen sind seit Anfang des Jahres im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Das hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 25. 8. in Genf bekanntgegeben. Angesichts dieser Zahl könne keine Rede davon sein, dass die Welt gelernt habe, mit Corona zu leben, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus während einer Pressekonferenz. Tedros wies darauf hin, dass eigentlich alle Mittel zur Verfügung stünden, um diese Todesfälle zu verhindern. Trotzdem habe ein Drittel der Weltbevölkerung noch immer keine Erstimpfung gegen das Corona-Virus erhalten. Drei Viertel aller älteren Menschen in ärmeren Ländern habe ebenfalls noch keinen Impfschutz.
An Covid-19 erkrankte Personen haben noch zwei Jahre nach der Infektion ein leicht erhöhtes Risiko für gewisse psychiatrische und neurologische Probleme. Das berichten britische Forscher im Fachjournal «The Lancet Psychiatry» am Donnerstag (18. 8.) nach Auswertung der Krankenakten von 1,28 Millionen Covid-Patienten und von ähnlich vielen Menschen mit einer anderen Atemwegserkrankung. Die Gruppe um Paul Harrison und Maxime Taquet von der University of Oxford verwendete Daten aus den USA, Grossbritannien, Spanien, Bulgarien, Australien, Indien, Malaysia und Taiwan.
Omikron gilt als milder im Vergleich mit anderen Corona-Varianten. Aber bei weitem nicht als harmlos, was die weiterhin vielen Toten pro Tag bekunden. Viele Länder haben Einreisebestimmungen wie einen negativen PCR-Test oder einen Impfnachweis aufgehoben. Teilweise ist die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr bestehen geblieben.
Dank Impfungen kommt es immer seltener zu schweren Verläufen, aber sowohl Geimpfte als auch Menschen, die erfolgreich eine Infektion überstanden haben, sind zwar anfangs voll immunisiert, jedoch nach einigen Monaten nur noch bedingt: Sie können wieder an Covid-19 erkranken, nur in den meisten Fällen nicht mehr mit einem schweren, unter Umständen tödlichen Verlauf. Dies ist ähnlich bei den sogenannten „humanen“ Corona-Erkältungsviren, also schon Jahrhunderte unter Menschen kursieren, die und ja immer wieder mal einen Schnupfen bescheren können, im allgemeinen
Die Frage, ob jemand „an oder mit“ Covid-19 stirbt, wird laut Untersuchungen derzeit folgendermaßen beantwortet: Waren es am Anfang der Pandemie sicher 95% die eindeutig an der Infektion gestorben sind, ist nun dieser Wert stetig gesunken, so dass Infektionsexperten heute ungefähr abschätzen, dass dies jetzt eher bei 50% liegt. Viele, fast die Hälfte derer, die jetzt sterben, sind derart stark vorerkrankt (meist altersbedingt), dass sie hauptsächlich durch die Vorerkrankungen sterben und nicht mehr wie 2020 hauptsächlich durch den Kontakt mit dem Virus. Nur ganz sicher lässt sich auch jetzt nichts sagen, ob und um wieviel die Infektion dabei das Leben verkürzte. Und eben die Hälfte aller Corona-positiven Patienten, sterben derzeit immer noch eindeutig an dieser Krankheit und nicht an anderen Wehwehchen. Alle Coronapositiven Patienten müssen – wie bei allen anderen infektiösen Erkrankungen – im Krankenhaus mit entsprechenden begleitenden Infektionsschutzmaßnahmen behandelt werden, ein immenser zusätzlicher Zeit-, Material- und vor allem Personalaufwand.
In Deutschland sind es rund 100 Tote pro Tag, selbst wenn nur die Hälfte „echte“ Todesopfer der Seuche wären, sind das rund 18.000 im Jahr, oder etwa so viele, wie in einer starken Grippewelle, bei der übrigens auch vor allem Alte und Vorerkrankte sterben. Nur ist es bei Covid-19 das dritte Jahr in Folge. Und am Anfang waren es viel mehr Todesopfer am Tag als jetzt. Und ein viel höherer Prozentsatz der Infizierten starb.
M-R
(Der Autor ist dem Herausgeber bekannt)
Über den dörflichen Charakter von Tiengen.
Veränderungen sind ein kontinuierlicher Prozess; nicht nur die Welt, auch Tiengen verändert sich….
Zwei Bürger, die über 30 Jahren aus ihrem Dorf waren, machen sich Gedanken und versuchen zu reflektieren.
Ungeachtet einer Definition eines „dörflichen Charakters“ hebt dieser sich naturgemäß von dem einer Stadt ab, beschreibt eine alte, zusammenhängende und gemeinschaftsbildende Verbindung, bildet gewissermaßen eine geografisch definierte Schicksals- oder gar Lebensgemeinschaft ab. In der Vergangenheit, als die zentrale Verwaltung schwächer ausgeprägt war, handelte es sich häufig auch um eine Rechts-, Produktions- und Wehrgemeinschaft, zum großen Teil in Eigenregie.
Im Gegensatz zu einer Kommune mit Stadtrechten, die ggf. über Markt-, Münzrechte und/oder eine eigene Gerichtsbarkeit verfügte, war es im Dorf ursprünglicher, archaischer oder wie immer man Urformen einer Gemeinschaft nennen möchte. Enge verwandtschaftliche Bande unter den Einwohnern stärkten das Gemeinschaftsbewusstsein.
Allerdings: Bevor Bottrop 1919 mit über siebzigtausend Einwohnern zur Stadt wurde, war es schon länger kein richtiges Dorf in diesem Sinne mehr; die westfälischen Einheimischen waren damals in der Minderheit (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Bottrop; vom 23.3.2022). Die Mehrheit waren Bergarbeiter aus anderen Teilen Deutschlands und aus „Ruhrpolen“ (Teile Schlesiens). Spätestens als das Dorf an der Düssel anstelle Kölns zum preußischen Verwaltungszentrum am Rhein wurde, verlor es seinen dörflichen Charakter. Über die damals dort und im Ruhrgebiet geleistete Integrationsarbeit, -leistung und -probleme soll hier nicht geschrieben werden.
Wir können weiterhin sicher annehmen, dass eine Stadt sich meistens durch ihre Größe sowie einen regionalen oder sogar überregionalen Verwaltungssitz gegenüber einem Dorf auszeichnet. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel, siehe z.B. Zell am Harmersbach oder gar Arnis an der Schlei mit seinen stattlichen dreihundert Einwohnern. Ebenso ist es sicher auch nicht verkehrt anzunehmen, dass früher in den Städten die offizielle Strafprozessordnung leichter durchzusetzen war als auf dem Dorf, selbst wenn dort teilweise unterschiedliche Gerichtsbarkeiten für die Bevölkerungsteile (Reichsunmittelbare, Adelige, Stadtbürger, Universitätsangehörige …) galten. Hier wurden viele Angelegenheiten inoffiziell geregelt.
Diese Beispiele zeigen ja auch, dass es Übergänge zwischen Stadt und Dorf gibt, dass ein Dorf nicht in der Zeit stehen bleiben muss. Tiengen und andere Tunibergdörfer sind älter als Freiburg, aber die Entwicklung verlief anders, sie sind kleiner geblieben.
Wenn heute noch das Vorurteil gilt, dass Dorfbewohner tendenziell konservativer sind als die Städter, so mag das auch daher kommen, dass die Ordnung auf dem Land eher durch die Kirche und Traditionen als durch zentrale Gerichtsurteile oder Gesetzesänderungen bestimmt wird oder wurde, welche manche normierende Tradition ablösten. Dass schließlich Dörfer meist bäuerlich geprägt sind, bedarf keiner weiteren Erwähnung.
Versuchsweise kann folgendermaßen zusammengefasst werden, dass ein Dorf dadurch charakterisiert war, dass es
- eher klein ist (diese Definition war zur Gemeindereform anders als heute),
- eine Gemeinschaft bildet (eine Herausforderung für die dörflichen Vereine),
- dadurch auch vorsichtiger Fremden gegenüber ist, (Neid?; Misstrauen, Vertriebene)
- das Leben durch Traditionen, die Religion, gemeinsame Aktivitäten geprägt ist,
- landwirtschaftliche Wurzeln hat und
- bessere Luft und mehr Ruhe und Landschaft hat als die Stadt.
– und dazu noch ganz „neue“ Charakteristika…
Was davon trifft aus Tiengen zu?
Jedenfalls frische Luft und eine großartige Landschaft, einheimischer Spargel und Wein, Obst- und Gemüsestände vor den Bauernhöfen sowie eine Schweinewiese und einige Pferdekoppeln! Aber heiratet man noch untereinander? Wie kamen die Schwaben, die Berliner, die Ebringer ins Dorf? Abgesehen von diesen verwandten „Völkerscharen“ kamen in den 1950ern und 1960ern die Gastarbeiter, in den 1970ern Jahren die Spätaussiedler, den 1990ern Kriegsflüchtlinge aus ex-Jugoslawien, und neuerdings kommen aus anderen Kriegs- und Katastrophengebieten bis heute die sogenannten Immigranten und Asylanten. Tiengen hat sein Jahren einen „Fremdenanteil“ von über 10% zu „ertragen“, wobei die Quote unmittelbar nach 1945 bei über 20 % lag!
Wo sind die Misthaufen, das viertelstündliche Glockengeläut der Kirche, der Tanzabend im
Heuschober nach der Ernte oder der Lese? Feste fanden früher im Tunibergsaal (Gasthof Tuniberg) oder im großen Saal des Gasthauses Lamm statt, regelmäßige Dorffeste in den 1950er Jahren und noch später im Dreschschopf.
Selbst die Dorftratsche gibt es noch immer. Waren es jedoch früher im „Dorfidyll“ die sprichwörtlichen Waschweiber mit langem Rock und Kopftuch, die mit ihren Körben am Straßenrand stehend Nachrichten verbreiteten und verarbeiteten, funktioniert das heute über die Messenger-Medien quer durch Alters-, Geschlechts- und Dorfgrenzen hinweg. Frauen mit Kopftuch und manchmal auch langem Rock sind heute meist keine Waschweiber mehr, sondern Mitbürgerinnen, deren Großeltern auch nicht hier geboren worden waren. Sie besuchen das Gymnasium, studieren, schieben Kinderwagen oder arbeiten, meist in der Stadt, und können in exotischen Sprachen auf ihren tragbaren Telefonen kommunizieren. Der Männertratsch fand am Milchhäusle, in den Feuerwehrproben, den Übungsabenden des Männergesangverein, Musikverein und Turnverein statt. Heutige Überreste sind die Frühschoppen und die noch existierenden berühmten Stammtische von „Anker“, „Bistro“ und „Tuniberg“.
War es ein Sündenfall, als die B31 ausgebaut wurde und Tiengen und der östliche Tuniberg zu einer Schlafstatt Freiburgs wurden? Oder als in die neuen, nicht besonders traditionell dörflichen „Hügelhäuser“ Neubürger einzogen, die dann fast ein Drittel der Bevölkerung ausmachten? Heute scheint ein Drittel Neubürger in den Neubaugebieten eine nicht zu bewältigende Herausforderung für Tiengen geworden zu sein.
Ist es undörflich, wenn sich bei uns in Tiengen, wie fast überall, Parallelgesellschaften herausbilden? Die einen stammen von hier; manche waren immer hier, manche flogen einmal aus und kamen zurück, wie wir. Andere kamen einfach nach Tiengen, weil sie hier wohnen wollten, andere fanden vielleicht keine bessere oder billigere Bleibe. Die eine möchte sich im Dorf und der Gemeinschaft engagieren und integrieren, für die andere ist das nichts.
Akzeptiert!
Immerhin ist fast jede an Wein und Spargel interessiert. Der Unterschied ist, ob jemand einen hohen Preis dafür mag oder einen niedrigen, je nachdem, auf welcher Seite der Theke sie steht.
Vielleicht empfinden manche unter uns das Zusammenleben als Zwangsgemeinschaft in guter Luft und Landschaft? Eine Schicksalsgemeinschaft nur noch, wenn mehr Förderung durch Regierung oder Stadtverwaltung gefordert wird?
Es gibt neue Funktionen des Dorfes; wir als Bewohner sind nicht mehr eine Gemeinschaft fronpflichtiger Abhängiger. (Oder sehen manche die traditionelle „Dorfputzete“ als Frondienst an?)
Auch wenn wir ein wenig konservativer als die Großstädter sein mögen, beugen wir uns im Allgemeinen dennoch den Gesetzen und Vorschriften der Stadt, des Landes und des Bundes. (Als Hinweis zur gefälligen Beachtung mögen Regelungen zu Tempo 30, dem totalen Halteverbot, erlaubtem Parken, der Müllentsorgung und den Bauvorschriften in Erinnerung gebracht werden!)
Und die Architektur im neuen Dorfbild?
Jeder baut, wie sie es braucht und wofür es eine Genehmigung gibt. Es gibt keinen Kasernenzwang, keine Uniformität im Baurecht. Wird es in der Fläche rar, geht es eben in die Höhe. Anderswo lässt es sich auch im 45. Stockwerk gut leben. Nach vielen Jahren freien Blicks über Feld, Wald und Wiese diese Sicht verstellt zu bekommen, ist sicher kein Grund zum Jubeln. Jemand anders freut sich aber, dass er nun eine weite Sicht hat; demoskopisch ist das ein Nullsummenspiel. Aber die vielen Momente und Jahre des „Bellevue-Erlebens“ bleiben unvergessen und sind schöne Erinnerung, wie manches Abenteuer verflossener Jugend.
Tiengen ist und bleibt ein Dorf!
Nicht mehr ganz klein, auch nicht mehr ganz landwirtschaftlich geprägt, sondern bereits zu einem guten Teil verstädtert. Und es ist auch frei von weltabgewandter Inzucht und Selbstjustiz, kommt ohne viertelstündliches Geläut aus, ohne Misthaufen im Zentrum, ohne Pferdeäpfel auf der Hauptstraße, ohne Waschweiber am Rain. Das Bruegel-Idyll hat sich gewandelt, mit neuen Verkehrsmitteln, Moden, Themen und anderen Neubürgern. Wollen Mägde und Burschen sich beim Tanz näher kommen, geht es eben nicht mehr nach der Ernte auf die lokale Tenne, sondern zu beliebiger Zeit in (nicht auf!) den „Heuboden“ im Umland. Auf den ersten Blick jedoch fallen dem Besucher neue, vielleicht ungewohnte Wohnformen ins Auge.
Wem die neue Architektur nicht gefällt, der mag sich streiten und Schuldige unter den Kapitalisten oder in der Stadtverwaltung suchen und finden. Aber streiten soll er! Das ist gut! Das bringt uns ins Gespräch und eint oder entzweit und kann so Gemeinschaft schöpfen,
Geistesverwandtschaften herausstellen, Sympathien begründen. Oder auch nicht, wie in jedem Dorf. Letztlich ist der Streit um das Neubaugebiet auch eine Plattform für die Integration, da die Ansichten quer durch alle Parallelgesellschaften, sogar unter Auswärtigen, geht.
Schauen wir nach vorne und bereiten uns auf des Fest in 2023 vor: 50 Jahre der Eingemeindung zur Stadt Freiburg. Die Bürger von Tiengen stimmten damals diesem Wendepunkt in der dörflichen Geschichte mit großer Mehrheit zu. Der Wandel war gewollt mit vielen Vorteilen, sicher auch mit einigen Nachteilen. Herzlichen Dank.
H&M
(Die Autoren sind dem Herausgeber bekannt)
ABGESAGT: Das Dorffest findet nicht statt.
Tiengen folgt auf St. Georgen, Pfaffenweiler, usw.
Und warum?
Die Veranstalter, hier federführend der Ortsvorsteher, fanden nicht genügend freiwillige Helfer:innen, um den Vereinen beizustehen das Dorffest zu „stemmen“. Dafür möchte ich mich entschuldigen.
Haben wir den Zeitgeist übersehen?
Die Organisatoren des Dorffestes fragten sich ironisch ob wir in Tiengen das erste Online-Dorffest gestalten sollten. Jeder sitzt auf seinem Balkon, seiner Terrasse, oder in seiner Wohnung und ist online dabei. Zeigt seinen „High End“-Grill, am besten ohne Auflage, um der Fleisch- vs. Veggi-Diskussion aus dem Weg zu gehen. Man erfährt wie breit die Getränkevariation in Tiengen aufgestellt sind. Ein Biertrinkerdorf im badischen Weinland zu werden wäre ein weiteres Aha-Erlebnis.
Das ist der Job der Generation Z.
Die Veränderung der Gesellschaft hat auch Tiengen erreicht. Ist unsere „dörfliche Gemeinschaft“ in einer Phase der Verabschiedung? Wo sind die Unterstützer der Vereine die das Fest ermöglichten sollten?
Die „alten“ kameradschaftlichen Vereinsgemeinschaften gehören der Vergangenheit an.
Ist die Individualität jedes Einzelnen mehr wert als eine Vereinsgemeinschaft?
Es wird eine Herausforderung für alle Vereine werden sich zum wirtschaftlichen Verein zu verändern. Als Folge müssten Leistungen und Angebote monetär ausgeglichen werden. Beitragserhöhungen wären unumgänglich da Übungsleiter:innen und Helfer:innen bezahlt werden müssten. Die Vereinsfeste haben diese „Finanzlücke“ bis 2018 kompensieren können. 2018 fand das letzte Dorffest in Tiengen statt, zumindest in den Entengassen.
Wir erinnern uns:
In den letzten Dekaden hat sich der über 100 Jahre alte Männergesangsverein aufgelöst. Die Narrenzunft Tiengener Erdmännle ruht seit Jahren, und auch der Fortbestand unseres Altenwerks steht zur Disposition. Es findet sich niemand mehr für das sogenannte „Ehrenamt“ oder das bürgerliche Engagement für ein intaktes dörfliches Vereinsleben.
Gab es da nicht einmal eine Initiative, die den dörflichen Charakter sichern wollte?
Zwar wollen alle feiern und sind gern dabei, aber wer macht das möglich?
„Ich nicht! Ich steh doch nicht bis in die Nacht in der Küche … Nein danke. Service und bedienen? Das tue ich mir nicht an.“ Alles verständlich?
Unsere Gesellschaft hat sich verändert, das haben wir leider erst mit der Pandemie realisiert. Die Hipster mit ihrem Notebook am Beach glaubten die Wirtschaft so organisieren zu können. Gemessen wurde an messbaren Verkaufszahlen und man folgte den Beratern, bzw. den Zahlen des DAX. Viele betriebliche und/oder Verwaltungsaufgaben auszulagern (outzusourcen!) war und ist gang und gäbe.
Die Kontrolle entfiel, die Zusammenhänge sind nicht kurzfristig erkennbar.
Wurden unsere systemrelevanten Dienstleister vergessen?
Das relevante System sollte so kostengünstig wie möglich heruntergefahren werden um die Republik billig zu versorgen. Die Richtlinie lautete, die Werte der „einfachen Arbeit“ bzw. der Dienste an der Gesellschaft als Minijob zu deklarieren. Ich denke da an die Menschen, die Toilettenpapierrollen, Pasta, und andere Vorräte in den Lebensmittelmärkten nachgefüllt haben, weil die Regale Tag für Tag in Panik leergeräumt wurden. (Siehe Foto Edeka 2020 im Dorfblättle) Man begleitete von Balkonen aus das Pflegepersonal mit Applaus. Aber was hat sich bei deren Job oder Gehalt verändert?
Der Spiegel titelte im letzten Monat: „Wo sind Sie geblieben?“.
Ich denke auch an die Gastronomie und erinnere mich an den Schlager von Marlene Dietrich: „Sag mir wo die Blumen sind“… „Sag mir wo die Mädchen sind“… „Sag mir wo die Männer sind“… Wo sind sie geblieben?
Diese Berufe sind die Träger unseres Systems und werden nach wie vor schlecht bezahlt und wenig respektiert.
Neulich sprach ich auf dem Münsterplatz mit Studierenden, die mich aufklärten.
Eine junge Frau: „Nach der Pandemie habe ich mich entschieden nur noch zwei Tage in der Woche im Service zu arbeiten. Zwei Tage bin ich im Home Office und mache als Influencerin weiter. Meine ‚Likes‘ und Besucherzahlen steigen wöchentlich. Den fünften Tag brauche ich für meine private Work-Life Balance, Samstag und Sonntag gehören mir und meinem Partner.“
Ein junger Mann engagiert sich bei „Friday for Future“, will das Klima retten, fliegt aber in den Urlaub. Einen Job braucht er nicht. Ich fragte ihn, ob er als Ferienjobber einer Installationsfirma helfen würde Solar-Panele auf einem Dach installieren (hochhieven), damit er evtl. sagen könne, dass er an der Klimarettung „aktiv beteiligt“ war. Die Gruppe lachte schallend. Lag es an meiner Bemerkung, oder daran, dass sie wussten, dass der angehende Psychologe zwei linke Hände hat?
Der junge Mann weiter: „Am Wochenende habe ich frei.“
Das Fazit zu den Aussagen, dass das Wochenende frei bzw. für den „Partner“ reserviert bleibt, überlasse ich Ihrer Fantasie. Partner kann heute alles bedeuten: Nicht nur Mensch, sondern auch Hund, Katze oder Pferd. Alles ist denkbar.
Bereits in den 1980iger Jahren hat F. Bergmann in den Vereinigten Staaten darauf hingewiesen, dass es einen Wandel geben würde und wird. Sinn, Kreativität, Eigenverantwortung und Entfaltung der eigenen Person, ebenso wie das körperliche Wohlbefinden könnten die neuen Anforderungen an die Firmen werden. Nach der Pandemie ist es jetzt so weit. Ob wir auf diese Weise unseren nach 1945 erarbeiteten Wohlstand erhalten können wird sich zeigen. Der Samstag als Arbeitstag wurde erst Ende der 1960iger Jahre abgeschafft. In der Urproduktion, der Landwirtschaft, jedoch nie. Die erste Stufe der Veredelung landwirtschaftlicher Erzeugnisse arbeitet auch heute noch in 3 Schichten an 7 Tagen in der Woche, so zum Beispiel die Milchwirtschaft.
Unser heutiger Wohlstand wurde durch unsere Großeltern und Eltern ermöglicht, die nach 1950 für das sogenannte „Wirtschaftswunder“ sorgten – auf Baustellen, am Fließband, in der Landwirtschaft und mit Dienstleistungen wie in Altenheimen, Handel, Krankenhäusern, Landwirtschaft und Verwaltungen. Alle diese Arbeiten sind nur durch Präsenz möglich. Zugegeben, am Smartphone kann man vieles erledigen. Auch im Home Office ist vieles möglich, doch die Zeit ist eine Konstante die weiter durchläuft, ganz gleich, ob wir alles geschafft haben oder nicht.
Der Traum der heutigen Hipster-Generation – das Büro im Smartphone – liegt unter einem Prozent der Wirtschaftsleistung. Vereinzelt wurde bereits von nutzlosen Oberflächenvergrößerern oder Bullshit-Jobs gesprochen. Die nun erwachsen werdende Generation Z gab ein Statement ab: 53 % unter ihnen ist die Freizeit wichtiger als die Arbeitszeit. Das gibt Anlass zur Hoffnung, dass man im Ehrenamt doch wieder einen erfüllenden Ausgleich findet und das Dorffest ab 2025 eine Renaissance erleben darf. Eine neue Form für ein Gemeinschaftsfest 2.0 könnte entstehen. Wir erinnern uns an den B-Z Artikel, dass man sich bereits über neue Konzepte Gedanken macht. Gut so!
Denken wir an die Zukunft! Feiern wir mal wieder gemeinsam (?) das Erntedankfest nach dem von Pfarrerin Jakob gestalteten Gottesdienst.
Die Schulsommerferien sind bald vorbei.
Genießen wir alle unsere freien Wochenenden mit privaten Festen.
Herzlichen Dank.
Ergänzende Gegendarstellung der A.B.T. zum Artikel
„Luftfilter“ im Blättle Ausgabe 46 vom 18.11.2021:
Die Aktiven Bürger Tiengens („A.B.T.“) e.V. fühlen sich im Redaktionsbeitrag „Schulnachrichten“ des Tiengener Ortsblattes Nr. 46 vom 18. November (S. 5) missverstanden. Es heißt dort im Text: „Auch aus der Ortschaftsratsspitze wurde unser Vorgehen und unsere Kompetenz von Beginn an in Frage gestellt.“ Die Verfasserin oder der Verfasser legt nahe, dass die Leitung des OR unter Max. Schächtele die Anschaffung der Luftfilter für die Schule in Frage gestellt und sogar blockiert habe.
Dies trifft nicht zu. Unser Verein hat zu diesem Thema ein Industrie-unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben, welches zum Schluss kam, dass die am Boden aufgestellten mobilen Luftfilter nicht die beste Lösung für die Säuberung der Luft in den Klassenzimmern sind. Besser geeignet sind an Wand oder Decke angebrachte Apparate mit filterloser UV-Technologie, u.a. auch wegen der Wartungsfreundlichkeit.
Maximilian Schächtele und unser Verein haben hier in Eigeninitiative den optimalen Weg gefunden, die Klassenzimmer „Corona-fest“ zu machen. Dass sich die Schule und die Stadtverwaltung für einen anderen Weg entschieden haben, liegt nicht in unserem Ermessen.
Für die Verzögerungen bei der Anschaffung der Luftreiniger für die Schule ist unser Mitglied Max. Schächtele oder der Ortschaftsrat in keiner Weise verantwortlich oder mitverantwortlich!
Angelika Stuhlinger, Hartmut Oertel, Wolfgang Albrecht
-Vorstand A.B.T.-
Nachlese zum Dorfputz am 23. Oktober
„Vom Unrat befreit sind Wege und Raine
Durch der Bürger engagierter, säubernder Tat;
Im Dorfe wirkt das Reinlichkeitsmandat.
Der störende Abfall, peinlich und ordentlich gepackt,
Verschwindet im Sack.“
[„Herbstspaziergang“, frei nach dem Weimarer Dichterfürsten]
Der Samstag erfreute uns zunächst mit gutem Wetter und einer überraschend hohen Anzahl engagierter Mitbürger aller Geschlechter und Altersgruppen. Vom Dreschschopf aus verteilten wir uns, eingeteilt in Gruppen und auf vorgeplanten Routen, in die vier Himmelsrichtungen.
Die in den USA als Exotenfach der Soziologie bekannte „Garbageology“ hätte ihren Spaß an unseren Funden gefunden. Typisch für die Läufte unserer Zeit waren natürlich Mund- und Nasenschutzmasken in allen denkbaren Verwitterungsformen. Dann kamen die Einmal-Becher für „To Go“-Kaffee verschiedener Marken, welche Straßenränder und Raine zierten. Auch dies ein Hinweis auf unsere Moderne. Man fragt sich natürlich, was eine Flasche „Stuttgarter Hofbräu“ (leer) hier im badischen Gestrüpp soll!
Von besonderem Reiz war ein kräftiger Haufen zwischen zwei Autos, der einen Sportler als Verursacher vermuten lässt. Wer kann denn sonst noch so schön in die Hocke gehen? Die DNS-Analyse wird uns näheren Aufschluss geben. Der Dame, deren Schwangerschaftstest wir auch auf dem Parkplatz fanden, wünschen wir weiterhin alles Gute! Die Gesellschaft braucht neue Steuerzahler.
Bereits nach weniger als zwei Stunden war die Aktion beendet, und gegen elf saßen wir gemütlich im Tuniberghaus, diesmal wieder mit Masken, wo wir den Dorfputz gesellig bei Kartoffelsuppe, Apfelsaftschorle und etwas Wein ausklingen ließen. Die Kinder, die dieses Mal in großer Zahl unter den fleißigen Helfern waren, wurden vom Ortsvorsteher besonders geehrt. Ihnen und ihrem Engagement für die Zivilgesellschaft gilt die Anerkennung auch des Verfassers dieser Zeilen.
Ein vielversprechendes Fazit ist, dass anscheinend die früheren Appelle und Aktionen nicht ganz ungehört verhallten. Denn dieses Mal waren Wegen und Raine weniger verschmutzt als bei vergangenen Dorfputzen. Daher wird das nächste Aufräumen wohl erst im Frühjahr 2023 stattfinden.
Hartmut Oertel
Ortschaftsrat und Bürgerinitiative treffen den Leiter des Stadtplanungsamtes
Auf Initiative unseres Ortsvorstehers, Max Schächtele (A.B.T.), trafen sich am Dienstagabend vor einer Woche Vertreter/innen der Bürgerinitiative mit Herrn Jerusalem, dem Leiter des Stadtplanungsamtes Freiburg, um noch einmal über die angeprangerten Probleme des neuen Baugebietes „Hinter den Gärten“ zu sprechen. Die BI wehrt sich insbesondere gegen die geplanten vier-geschossigen Bauten, die das Ortsbild von Tiengen erheblich beeinflussen, um nicht zu sagen verschlechtern. Ebenso wurden die Probleme einer fehlenden Infrastruktur als auch die miserable Verkehrssituation in Tiengen angesprochen, die vermutlich durch den Bau der Umgehungsstraße Süd verbessert werden könnte.
Vorher hatte der Ortschaftsrat Gelegenheit mit Herrn Jerusalem zu sprechen. Dabei ging es um ähnliche Themen wie eben benannt. Die Ortschaftsräte Karl-Heinz Geppert (WTB) und Christian Geißler (A.B.T.) hatten sich intensiv in die Problematik eingearbeitet und trugen die Argumente des Bauausschusses vor. Während OR Geppert (WBT) auf die Wuchtigkeit und extreme Höhe der geplanten vier-geschossigen Gebäude hinwies, lenkte OR Christian Geißler (A.B.T.) den Focus auf die juristische und politische Situation. Er forderte noch einmal vehement die Einrichtung eines Vermittlungsausschusses, so wie dieser im Eingliederungsvertrag vorgesehen ist und auch in der Hauptsatzung der Stadt Freiburg bei dem Thema „Ortsbild“ gleichermaßen zwingend vorgeschrieben wird.
Herr Jerusalem betonte dazu, dass er von der Stadt kein Mandat habe, um darüber zu entscheiden, kündigte aber an, die Thematik an geeigneter Stelle in der städtischen Verwaltung vorzubringen.
Ortsvorsteher Schächtele (A.B.T.) betonte in seiner kurzen Schlussansprache, dass die Ortschaftsräte Geppert und Geißler sich mit den Vertretern und Vertreterinnen der BI treffen sollten, um eine gemeinsame Strategie, insbesondere hinsichtlich der Einwendungen nach der Offenlage, zu entwickeln.
Wolfgang Albrecht im September 2021
-Vorstand-
…Ansichten zu „Atemluft für Tiengener Schulkinder“ von Hartmut Oertel im September 2021
Die Aktiven Bürger Tiengen e.V. und die Atemluft für die Tiengener Schüler
Der Tiengener Ortschaftsrat spendet aufgrund von leidenschaftlichem Bitten der Elternvertreter € 3.500 für die Beschaffung von Luftfiltern in der Markgrafen-Schule. Die Elternverteter konnten nach eigenen Angaben weitere Spenden i.H.v. fast zwanzigtausend Euro einwerben (s. BZ vom 30.8. S. 17).
Nach einigem Hin und Her genehmigt die Stadtverwaltung die Installation der Geräte, aber unter Auflagen (s. ebenfalls o.a. Artikel der „Badische Zeitung“).
Die Frage nach der Technologie ist jedoch offen. Sollen es Geräte mit Hochleistungs-Partikel- (oder „Hepa“-) Filtern sein, die auf dem Boden stehen oder gibt es bessere Optionen?
Die A.B.T. e.V. gab dafür aus eigenen Mitteln ein Gutachten in Auftrag (s. Anlage), aus welchem hervorgeht, dass als Alternative eine filterlose Technologie in Frage kommt, bei der Geräte an der Wand oder der Decke angebracht werden und die mit UV-C-Strahlen nicht nur Corona-Viren, sondern auch eine Vielzahl anderer Erreger abtötet.
Diese Technologie empfiehlt sich für Pflege- und Altersheime, Kitas, Büros und eben auch Schulen.
Sie ist um Einiges wartungsfreundlicher.
Für die Erstellung des Gutachtens und einer Preisvorstellung benötigte die von uns beauftragte Consulting die Raummaße der Schulzimmer, die Max. Schächtele lieferte. Er wurde dafür von der Stadtverwaltung getadelt, weil er keinen Zugang zur Schule habe. Als er allerdings vor zweieinhalb Jahren aus Gründen der Personalnot einige Wochen den Hausmeisterdienst versah, kam keine Beschwerde der Stadt.
Hartmut Oertel
…Ansichten zu „Hinter den Gärten“ von Hartmut Oertel im August 2021
Quilten oder Schachmatt?
Über die wundersame Vermehrung von Wohnraum
Der Artikel in der „Badischen Zeitung“ vom 27. Juli (S.21: „Die Zahl der Wohnungen stieg und stieg“) fasst es ganz gut zusammen. Das Ergebnis hat niemand gewollt, Tiengen war dagegen, der Gemeinderat beschließt sie dennoch: Die Planung für das neue Wohngebiet „Hinter den Gärten“ in unserer Tuniberg-Gemeinde. Mit einem freundlichen Gruß aus Schilda?
Fünfzig Jahre danach fragt sich Tiengen: War die Eingemeindung eine gute Entscheidung? Ist der Ortschaftsrat bei wichtigen zukunftsweisenden Fragen nur ein „Micky-Maus-Gremium“, in welchem sich die Honoratioren wichtig machen und Zeit vergeuden?
Der öffentliche Nahverkehr in die Stadt ist umständlich, es gibt keine weiterführende Schule, der Einkaufsmarkt durfte über viele Jahre nicht vergrößert werden, ein kleines Gewerbegebiet ist nicht drin, die millionenschwere Investition in weitere Infrastruktur für Radwege hört schon vor dem Mooswald auf. Dass die Zweigstellen der Banken und die Polizeiwache weg sind, dafür wenigstens kann die Stadtverwaltung nichts. Westlich des Mooswaldes liegt anscheinend ein Raum zur beliebigen Verfügung, ein Dispositionsareal für die „richtige“ Stadt.
Bei „Hinter den Gärten“ zeigen sich die Nachteile einer aufgeblähten Stadtbürokratie. Nicht nur, dass die Machenschaften der Stadtverwaltung uns in Tiengen Jauche aus Wittnau und Böschungspflege aus Ebnet beschert – beides kann Tiengen auch selbst besorgen – in Zukunft werden wir auch neben dem Neubaugebiet „16 Jauchert“ eine weitere nicht besonders hübsche Siedlung haben, die weder optisch ansprechend ist noch von planerischen Kompetenzen, geschweige denn von architektonischen Visionen zeugt:
„Hinter den Gärten“ in seiner vom Gemeinderat gegen Tiengens Votum beschlossenen Planung beeindruckt den Zyniker durch
- Zwei Ein- und Ausfahrten für rund 400 Autos auf die vielbefahrene Straße
- Keinen geregelten Schulweg für geschätzt 100 Kinder
- Ein Rückhaltebecken für Regenwasser innerhalb der Siedlung (Sollen Mosquitos gezüchtet werden?)
Vielleicht kommt auch wieder eine riesige hässliche Lärmschutzmauer hinzu, die bald unnötig wird, weil wir ja auch schon seit vielen Jahren eine Umgehungsstraße erhalten sollen.
Allerdings wird, wie von Dezernat V verlautbart, dieses Neubaugebiet das am dichtesten bebaute Siedlungsgebiet am Tuniberg sein. In der Tat eine eigenwillige „Neuinterpretation“ des dörflichen Charakters unserer Gemeinde! Dürfen wir uns damit brüsten, dass wir nun endlich auch verstädtern?
Um ein Bild aus der Handarbeit zu benutzen: Das ist kein Quilten, das ist nicht einmal ein Patchwork, sondern ein schäbiger Flickenteppich zum Preis eines handgewebten Seidenläufers!
Hier kommt der Aspekt der Wirtschaftlichkeit zum Tragen. Bei den enormen Erschließungskosten bleibt einem Grundstückseigentümer fast nichts anderes als eng und hoch zu bauen, um sein Gebäude bankfähig zu machen.
War es ein betrüblicher Schachzug der Stadtverwaltung, über anscheinend unumgängliche Erschließungs- und andere Kosten, die wiederum dem Stadtsäckel zufließen, die Grundstücke derart zu verteuern, dass diese fürchterliche Planung alternativlos wird? Schachmatt durch Winkelzüge der Verwaltung.
Ohne die Einmischung der städtischen Verwaltung hätte Tiengen die Möglichkeit gehabt, in den beiden Neubaugebieten „16 Jauchert“ und „Hinter den Gärten“ Schmuckstücke eines modernen Wohngebietes in dörflicher Umgebung zu gestalten.
Befinden wir uns noch im Wahrnehmungsmodus oder reagieren wir schon?
Hartmut Oertel
…Ansichten aus Shanghai von Hartmut Oertel im Februar 2021
Pünktlich mit Karneval, wie meistens, beginnt hier im weiteren Umfeld der chinesischen Zivilisation, zwischen Saigon und Tokyo und zwischen Harbin und Singapur, ein neues Jahr nach dem alten Kalender. Dieses Mal ist es also das Jahr des Ochsen, des Rindes, des Büffels oder des Stiers. Im Chinesischen werden alle diese Tiere mit demselben Schriftzeichen dargestellt.
Rückwärts auf einem Ochsen reitend verließ der Legende nach der alte Mystiker Lao-Tse (Laozi) weise lächelnd die Zivilisation auf dem Weg zu seinem „Sanssouci“, dem Ort ohne Sorge. Ein Stier, oder Bulle, nimmt im englischen Sprachgebrauch die Aktien auf die Hörner und sorgt für eine Hausse. Eine harmlose Kuh wiederum gibt uns bei guter Pflege mit ihrer Milch Nahrung, Vitamine und Kraft.
Generell steht das Rind im hiesigen Horoskop für Ausdauer und sanfte Zuverlässigkeit.
Alles gut also für das kommende Jahr, zumal es, nach einem ergänzenden Zyklus, noch unter dem Zeichen des Metalls oder gar Goldes steht?
Befriedigend beantworten können wir diese Frage erst in zwölf Monaten. Daher möchte ich an dieser Stelle noch einige weitere Fragen aufwerfen, die für dieses Jahr des Güldenen Büffels interessant werden können:
„Friede auf Erden“?
Werden sich möglicherweise bestehende Konfrontationen zu einem Krieg oder zu Kriegen ausweiten? Bei der Suche nach positiven Errungenschaften des bisherigen amerikanischen Präsidenten wird darauf hingewiesen, dass unter seinem Kommando die USA in keinen Krieg verwickelt wurden.
Ist die Demokratie im Westen in Gefahr?
Nachdem Anfang Januar das amerikanische Parlamentsgebäude auf dem Capitol Hill von einem Haufen Wilder überrannt wurde, häufen sich die Meinungen zur Gefährdungslage der Demokratie dort. Aber auch in Deutschland mehren sich die Ansichten, dass viele Freiheits-beschränkende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Covid19-Virus ohne ausreichende Teilnahme des Souveräns und seines Vertreters, des Bundestages, beschlossen und durchgeführt werden. Wurde der Grundstein für eine Regierungs-Routine mit Ausnahme- oder Notfallgesetzen gelegt?
Ist der Datenschutz wichtiger als die Volksgesundheit?
Während wir Deutsche und auch andere Europäer im Kampf gegen Corona viele Maßnahmen akzeptieren, die unsere Freiheiten einschränken, scheint der Schutz unserer individueller Daten noch wichtiger zu sein als die Gesundheit des Volkes. Die Nachverfolgung von Ansteckungsketten wird zu einem guten Teil noch ohne die modernen Hilfsmittel in der Form von digitalisierten Infizierten-Registern durchgeführt. Anders in China: Hier hat jeder eine zentral geführte Gesundheitsdatei, die bei Bedarf abgerufen und auf dem Handy vorgewiesen werden muss. Sollte bei Reisen im Land ein Testergebnis nachgewiesen werden, dann geschieht dies auch damit.
Können Frauen normale Führungskräfte sein?
Nach der langen Diskussion über die Gleichberechtigung, die schier übermenschlichen Anforderungen an Frauen in „männlichen“ Domänen und ihre Bezahlung stehen jetzt zwei starke deutsche Frauen in der Kritik; die Kommissionspräsidentin von der Leyen, bei deren Beschaffung der Impfstoffe anscheinend vermeidbare Fehler passierten, sowie unsere Bundeskanzlerin Merkel, deren Kommunikation hinsichtlich der jeweils neu getroffenen Corona-Maßnahmen bisweilen auch fragwürdig scheint. Die Frage lautet also, ob sich Frauen heutzutage in Führungspositionen ebenso wie ihre männlichen Kollegen mittlerweile Fehler leisten dürfen, ohne gleich belächelt oder wegen ihres Geschlechtes abgeurteilt zu werden?
Wem dürfen wir Glauben schenken?
In der Diskussion mit Verschwörungstheoretikern und Corona- und Impfleugnern bewegt mich immer wieder die Frage, warum jemand anderen Fachleute oder „Fachleute“ glaubt als ich. Hierbei hilft die Sprache: Wem ich glaube, dem schenke ich Glauben. Das bedeutet ein- und dasselbe, nur macht die zweite Version deutlich, dass ich demjenigen glaube, dem ich aus nur mir bekannten oder vielleicht sogar unterbewussten Gründen glauben möchte oder vertraue. Damit ist zumindest ein wichtiger Teil der Frage beantwortet. Der Rest ist die Suche nach der Wahrheit, und die ist als solche seit vielen hundert Jahren immer noch unbeantwortet (oder vielleicht auch überbewertet?).
Gibt es „nach Corona“ im vor uns liegenden Jahr wieder ein normales Leben?
Ja, aber anders.
Wie stets freue ich mich über Anmerkungen und Anregungen aus der wachsenden Leserschaft, an hartmutoertel@mac.com
…Brief an einen Corona-Zweifler von Hartmut Oertel im Januar 2021
Liebe … ,
danke für die Mail. Du brauchst Dich nicht zu entschuldigen; ich freue mich, wenn Du einen Kommentar brauchst, dadurch erfahre ich auch, was andere Menschen denken. Einer meiner Freunde (auch ein Ex-Banker) ist auch der Überzeugung, dass das alles eine gesteuerte Bewegung ist. Er kann allerdings nicht benennen, wer so mächtig ist, dass sowohl Amerika und Europa, aber auch so verschiedene Länder wie Nordkorea, Iran, China und Russland sich dem Diktat dieser einflussreichen Menschen beugen und nach ihrer Pfeife tanzen.
Zunächst ist es allgemein so, dass wir Nachrichten dann am Meisten Glauben schenken, wenn sie in unsere Gedankenwelt passen. Alles andere, solange nicht eindeutig bewiesen, sind für jeden von uns „alternative Fakten“ oder Fake News, Märchen, Lügen, Halbwahrheiten oder anderweitig unqualifizierte Meinungsäußerungen. Dieses gilt zum Beispiel auch für die Version der gefälschten Mondlandung, manche Wunder unserer Heiligen, Sterilisierungsversuche durch Bill Gates mit Kondensstreifen von Flugzeugen und vieles mehr. Manche glauben daran, weil sie ihren Eltern, Freunden oder anderen Autoritäten vertrauen, weil sie selbst eine Erleuchtung gehabt haben oder weil sie solche Geschichten generell für plausibel halten. Andere glauben sie nicht. Dazu gehöre ich.
Du musst Dir also zunächst diese Fragen stellen oder von anderen stellen lassen: „Warum glaube ich der Regierung und/oder den Medien nicht?“ Oder: „Warum möchte ich der Regierung nicht glauben?“ Oder auch: „Warum sollte ich der Regierung überhaupt glauben?“ Diese Fragen sind selbstverständlich berechtigt und grundsätzlich wichtig in einer Demokratie. Wenn die Corona-Statistik einen Hinweis darauf geben kann, dann vielleicht den, dass die Menschen in der ehemaligen DDR sich anscheinend am wenigsten an die Ratschläge der Regierungen oder Verordnungen halten. Das sind genau die, die früher am meisten unter der Knute der Regierungspartei SED standen. Ist also dort das Vertrauen in die Kompetenz der Regierung durch die Vergangenheit immer noch so nachhaltig zerstört? Dort sind die Infizierten-Zahlen mit am höchsten in Deutschland.
Es gibt die folgenden Argumente gegen die Corona-Verschwörungstheorien. Aber diese können auch nur solche Menschen überzeugen, die das gerne hören möchten:
- Wenn das Virus künstlich erschaffen worden wäre, ist das nach der Meinung der Wissenschaftler ein so großer Fortschritt in der Forschung, dass diese Leute noch ganz andere Sachen herstellen könnten, die wir uns wohl noch gar nicht ausdenken können. Das wäre nobelpreiswürdig.
- Sind Banken oder die großen Mächte, die hinter „Corona“ stehen, an Kriegen interessiert? Eher nicht, sondern vielmehr an einer friedlichen Welt und Weltordnung. Da verdienen alle am Besten. Wenn sich jetzt anscheinend alle Länder dem Diktat der Banken, der Industrie oder einiger „Mächtigen“ unterordnen, müsste man dann ja von einer weltweiten Verschwörung für den Frieden ausgehen; das wäre doch gut! Das würde heißen, dass eine Beherrschung der Menschen durch solche Interessenverbände eigentlich gut für den Weltfrieden, die Wirtschaft und die Menschheit insgesamt wäre.
- Wieviel Personen würde man brauchen, um diese Pandemie zu lenken oder auch den ganzen Email-Verkehr in Deutschland zu überwachen? Bei uns gäbe es dann auch Leute wie Assange, die das öffentlich machen würden. Und in Deutschland werden solche Whistleblowers (oder „Petzer“) gesetzlich geschützt.
- Was soll denn eine totale Überwachung überhaupt bringen? Dass die Polizei immer weiß, wenn ein Verbrechen geplant ist? Oder was Du einkaufen möchtest? Wem nützt es denn zu wissen, wenn ich mir einen Porno im Internet anschaue? Aber es ist doch richtig, wenn die Polizei Verbrechen, die durch Internet oder mobile Telefonie begünstigt werden, aufklären oder verhindern kann! Zum Beispiel Kinderpornografie oder Waffenhandel. Denke doch an den Raub im Grünen Gewölbe in Dresden. Mit einer besseren Überwachung wären diese Räuber doch nach zwei Tagen gefangen gewesen und die Beute sichergestellt. Hier in China hätten sie keine Chance gehabt.
- Dass mehr Menschen in dieser Zeit sterben als sonst, ist unbestritten. Dabei ist die Frage, ob diese Menschen nur ein paar Monate früher sterben als sie normalerweise gestorben wären, oder ein paar Jahre. Über mögliche Spätfolgen einer überstandenen Corona-Erkrankung gibt es bisher einige Vermutungen, aber noch keine gesicherten Statistiken. Also wird darüber nicht so intensiv diskutiert, wie es das wohl verdienen würde.
- Es gibt natürlich leider auch viele andere Opfer der Pandemie. Darunter sind auch solche, die wegen der Bereitstellung der Krankenhaus-Kapazitäten für Corona-Fälle nicht wegen ihren anderen Leiden operiert und behandelt werden können.
- Neben der sog. „Übersterblichkeit“, also den zusätzlichen Menschen, die wegen Corona sterben, die auch durch eine neuartige Grippewelle hätte verursacht worden sein können, ist das Hauptproblem, dass Corona-Kranke viel länger im Krankenhaus bleiben als mit einer Grippe. Dadurch werden die Krankenhäuser eben in eine Notsituation gebracht, bei der die Intensivstationen überlastet werden können und es in einigen Gegenden bereits sind.
- Schließlich: Auch Landes- und Bundesregierungen ändern ihre Meinungen und Anordnungen. Das ist doch ein Zeichen dafür, dass sie auch nicht wissen, wie sich die Lage entwickelt, und sich immer wieder auf neue Entwicklungen einstellen müssen. Und natürlich machen unsere Regierungen auch Fehler in der Beurteilung; sie glauben eben auch an die Spezialisten, denen sie vertrauen. Schau Dir doch an, was in Schweden passiert ist, wo der Seuchenbeauftragte gemeint hat, es ist alles halb so schlimm, und wer sich nicht schützen kann oder möchte, der solle ruhig etwas früher sterben, aber eben daheim und bitte still! Seine Ratschläge wurden zum Jahresende sogar vom König heftig kritisiert.
- Wir (und auch ich) sind in der glücklichen Lage, keinen zu kennen, der schweren Schaden an Corona genommen hat. Aber kürzlich sprach ich mit einem Holländer, der vier Leute kennt, die daran oder damit gestorben sind. Solch eine Erfahrung ändert Deine Meinung.
Liebe … , die wichtigste Frage, die Du Dir stellen sollst, ist: „Warum möchte ich meinen Regierungen und den Medien nicht vertrauen; warum glaube ich, dass sie nicht in meinem Interesse und im Interesse der Bürger handeln?“ Wenn Du diese Frage beantworten kannst, dann ist es höchste Zeit, mit den Politikern, Deiner Landtagsabgeordneten und Deinem Bundestagsabgeordneten zu sprechen.
Ich fürchte, diese Antwort ist etwas lang geraten. Ich würde mich jedoch sehr freuen, wenn ich Dir ein paar Anregungen für Deine Überlegungen geben konnte. Ich glaube nicht, dass ich Dich überzeugt habe, dazu ist Deine Grundskepsis gegenüber der Staatsgewalt wohl zu stark. Und vielleicht hast Du ja auch Recht? Wir sollten im Gespräch bleiben.
Liebe Grüße und bleibe gesund!
… aus China
Shanghai, Mitte Dezember 2020
Um zu meinem zweiten Zuhause nach Shanghai zu kommen, brauche ich normalerweise ab Hauptbahnhof Freiburg etwa siebzehn Stunden. Diesmal waren es fast siebzehn Tage. Wegen zwei verschiedener Corona-Tests musste ich früher in Frankfurt sein, und nach der Landung kam ich umgehend zwei Wochen in ein Einzelzimmer in einem Hotel, ohne dort während dieser Zeit auch nur einem Menschen zu begegnen. Nach der Landung traf ich nur auf Vermummte, an Pass- und Zollkontrolle, beim schmerzhaften Corona-Test am Ankunftsgebäude sowie auch an der Abfertigung für den Transport zum Quarantäne-Hotel und schließlich auch am Empfang dort.
Der erste Mensch, den ich gegen Ende der Quarantäne sah, war die Krankenschwester, die mir am zwölften Tag den abschließenden Nasenabstrich für den Test vor der Entlassung abnahm. Zwei Tage später sah ich den ersten Menschen in normaler Kleidung: Meine Frau Rose, die mich vom Hotel abholte.
Einige Wochen vorher durften noch viele Heimkehrer ihre Quarantäne oder zumindest einen Teil davon zuhause ableisten. Dies war bei mir wegen der rasant steigenden Fallzahlen im November in Europa nicht mehr gestattet. Flüge aus England, Frankreich und ein paar anderen Ländern durften ohnehin nicht mehr in Shanghai landen, also war ich froh darüber, dass ich aus Frankfurt überhaupt noch einreisen durfte, selbst bei verschärften Quarantäne-Regeln.
Andererseits war ich froh, dass ich nicht nach Hause musste, denn da ich nicht koche, wären das für mich sehr strenge Diät-Wochen geworden. Im Hotel musste ich einer Chat-Gruppe beitreten, wo alle wichtigen Alltagsfragen und -sorgen formuliert und beantwortet wurden. Die eine Japanerin brauchte ständig mehr Kaffeekapseln, ein anderer Gast brauchte Unmengen an Toilettenpapier, nämlich zum Putzen, weil sich im Hotelzimmer sehr rasch viel Staub bildet und unsere Handtücher nicht gewechselt wurden, sich also auch daher nicht zum Putzen anboten.
Jemand anders wollte mehr Fisch zum Mittagessen, weitere wiederum Vegetarisches, wieder andere nutzten diese Zeit für ein striktes Abspecken. Es sollen bei Einzelnen Gewichtsverluste von bis zu fast zehn Kilogramm erzielt worden sein. Wer keine besonderen Wünsche hatte und wie ich dem angebotenen Menu folgte, der erhielt dreimal täglich auf den kleinen Tisch draußen vor der Tür ein Tablett mit gesundem und abwechslungsreichem chinesischem Essen gestellte. Um dies hereinzuholen, durften wir die Türe kurz öffnen, und dabei musste ein Mund- und Nasenschutz getragen werden.
Nicht alles war besonders schmackhaft, aber wo ist es das denn? Die andere Gelegenheit, zu der wir die Tür öffnen durften, war die Restebeseitigung. Die leeren Tabletts mussten in Kunststofftüten gepackt und diese ordentlich verknotet werden und kamen dann wieder auf das Tischchen draußen. Wer sich von Angehörigen verwöhnen lassen konnte, durfte seine Bestellung nachmittags um vier auf die geschilderte Weise entgegennehmen. So erhielt ich Weihnachtsplätzchen, Leberpâté, Brot, Marmelade, Salz und etwas zum Lesen sowie eine Kiste mit Sprudelwasser.
Zum Glück bin ich aus Tiengen mit der Internet-Bandbreite nicht verwöhnt und war daher auch mit diesem Service des Hotels zufrieden.
Auch diese beiden Wochen vergingen; nach einigen Tagen hatte sich eine Routine herausgebildet, bei der die Mahlzeiten, Lektüre, etwas Gymnastik und das Fernsehen aus Mediatheken zentrale Rollen spielten. Nach einiger Zeit des etwas behäbigen Zeitvertreiben fragte ich mich, ob ich schon bereit für das Altersheim bin.
Wie aus einer Schleuse kam ich nach den 336 Stunden „auf freien Fuß“ und durfte nach Hause. In der Zwischenzeit wurde mir eine zentral gespeicherte digitale Gesundheits- und eine Reiseakte angelegt, die ich bei Bedarf mit meinem Handy abrufen kann und vorzeigen muss. Wenn also in meiner Nachbarschaft ein Fall von Corona auftritt, werde ich die schöne grüne Farbe auf meinem QR-Code verlieren und die Bewegungsfreiheit ist erst einmal wieder eingeschränkt. In einem hiesigen Stadtteil waren vor einigen Wochen einmal wegen zweier Fälle ungefähr drei Millionen Menschen davon betroffen. In Ämtern und bei anderem Schalterbetrieb müssen Mund- und Nasenmasken getragen werden, sonst ist das eher freiwillig. Dass Menschen einen solchen Schutz tragen, ist in Ostasien, insbesondere während der Grippezeit, ohnehin nichts Neues. In den Eingängen von Ämtern und Hotels stehen Angestellte, die die Körpertemperatur der Kundschaft am Handgelenk messen und aufzeichnen; dazu werden Name und Handynummer notiert.
Das alles hört sich zunächst einmal brutal und übergriffig von staatlicher Seite an. Bedenkt man jedoch, dass die gemeldete Anzahl der Corona-Neuinfektionen für ganz China sich pro Tag in den letzten Wochen auf unter einhundertundfünfzig beschränkt, dann werden die Vorteile solch strikter Kontrollen, auch der Grenzkontrollen, ersichtlich. Die meisten der neu Gemeldeten sind Ankömmlinge an den Flughäfen.
Und so konnten wir dieser Tage am Weihnachtstreffen der deutschen Kaufmannschaft in einem Hotel teilnehmen, wo auch die Blechbläsergruppe der hiesigen deutschsprachigen christlichen Gemeinde Weihnachtslieder darbot, ohne dass wir auf Abstände achten mussten.
Was lernen wir daraus? Eine allgemeine Lehre daraus zu ziehen, wäre wohl übertrieben. Für China hat sich jedoch gezeigt, dass ein konsequentes Einhalten und die Überwachung unpopulärer Beschränkungen der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit dazu führen kann, dass das Leben recht schnell wieder einen gewohnten Verlauf nimmt.
Aus der Ferne wünsche ich allen Tiengenern trotz der derzeitigen weitgehenden Einschränkungen ein schönes Weihnachtsfest und alles Gute für 2021.
Ihr
Hartmut Oertel
…zum Waldkindergarten von Angelika Stuhlinger im November 2020
…zu Hundehalter/innen von Wolfgang Albrecht September 2020
Dieser Diskussionsbeitrag stellt die persönliche Meinung des Autors dar, nicht die des A.B.T. e.V.
Der kurze Hinweis auf der Titelseite des Blättle Nr. 36 veranlasst mich zu folgendem Kommentar:
Ein Hund, der „beste Freund“ des Menschen bereitet seinen Besitzer/innen ohne Zweifel viel Freude, aus der Sicht eines NICHT-Hundebesitzers aber bestimmt auch einige Probleme, seien es die Kosten für die ärztliche Versorgung und die Haftpflichtversicherung, oder der permanente Zwang mit dem Hund einen Spaziergang zu machen. Das regelmäßige Gassi-Gehen ist gesundheitsfördernd und hilft die Sozialkontakte zu anderen Menschen, mit und ohne Hund, zu pflegen.
Bezugnehmend auf den o.g. Artikel im Blättle meine Beobachtungen wie Frauchen oder/und Herrchen sich nach dem eigentlichen Zweck des „Gassi-Gehen“ verhalten. Nachdem das Geschäft des treuen Vierbeiners erledigt ist wird die Hundekottüte hervorgeholt und das „Geschäft“ ordnungsgemäß eingesammelt und, so hoffe ich, auch ordentlich entsorgt.
Leider gibt es immer wieder die Ausnahmen, die eine ganze Gesellschaftsgruppe in Verruf bringen. Sehr oft werfen Frauchen oder/und Herrchen nach dem erfolgreichen Geschäft des besten Freundes einen hektischen Blick nach rechts, links, vorne und hinten. Ist weit und breit kein Mensch zu sehen wird der angeleinte Vierbeiner mit Gewalt von seinem Geschäft gezogen, aber nicht um den Kot einzusammeln, sondern um sich schnellstmöglich vom Tatort zu entfernen. Das kann ich verstehen, ist es doch lästig die Sch….. einzusammeln und bis zur eigenen Mülltonne zu tragen. Das dabei eine Ordnungswidrigkeit begangen wird nehmen diese Ausnahme-Personen in Kauf.
Schlimmer, wenn der oben erwähnte Blick in alle Richtungen einen Menschen erspäht, dann kommt Hektik auf. Es wird so getan als sei die Hundekotttüte in der großen Anzahl der tatsächlichen und imaginären Taschen in Hemd, Hose oder Jacke nicht sofort greifbar, alles mit dem Ziel Zeit zu gewinnen. Der sich nähernde Mensch, der das vollbrachte Geschäft eventuell gesehen hat, muss ja irgendwann am Tatort vorbei sein, dann kann endlich die Suche nach der Tüte in den eigenen Taschen erfolglos beendet werden. Ohne sich bücken zu müssen kann der „erleichterte“ Spaziergang fortgesetzt werden.
Auf nicht entsorgte Haufen angesprochene Hundehalter/innen reagieren in den meisten Fällen sehr aggressiv, werden teilweise beleidigend oder behaupten sogar der Haufen sie nicht vom eigenen Hund.
Dank der modernen Technik sind Smartphones, fälschlicherweise oft als Handy bezeichnet, leicht und leistungsfähig und eignen sich hervorragend zu Foto- und Filmaufnahmen in der Natur.
Tier- und Landschaftsfotos sind „nicht so mein Ding“, interessanter und viel öfter, weil auch leichter zu fotografieren, sind die enorme Anzahl von Falschparkern in Tiengen – aber das ist ein späteres Thema.
…zur Geschlechterfrage von Harmut Oertel August 2020
Dieser Diskussionsbeitrag stellt die persönliche Meinung des Autors dar, nicht die des A.B.T. e.V.
1. Das Fräulein
Das erste Mal, dass ich eine auf den Deckel bekam, war Ende der 1960er Jahre, als eine Brieffreundin aus dem Ruhrgebiet mir mitteilte, dass sie die Anrede „Fräulein“ auf dem Couvert „garnicht leiden“ könne. Die große Vereinheitlichung der Anrede muss jedoch 1980/81 stattgefunden haben, denn als ich nach einem längeren Studienaufenthalt zurück nach Deutschland kam und mich bei Freunden beider Geschlechter brieflich zurückmeldete, wurde ich verschiedentlich darauf hingewiesen, dass „Fräulein“ nun tatsächlich nicht mehr die zeitgemäße Anrede für eine junge unverheiratete Frau war.
Die letzten Reflexe in dieser Angelegenheit hatte ich Mitte der Neunzigerjahre, als ich mich daran gewöhnen musste, dass meine noch nicht meterhohe Tochter ihre Kontoauszüge mit der Anrede „Frau“ zugeschickt erhielt.
Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, und finde es sogar praktisch, dass ich mir nicht mehr überlegen muss, ob ich mich mit der falschen Anrede einer Frau oder einem Fräulein auf die Füße trete.
Sollten wir vielleicht sogar auf die Anreden „Frau“ oder „Herr“ in der Korrespondenz ganz verzichten? Gelegentlich fällt es ja schwer, aus dem Namen auf das Geschlecht des Absenders zu schließen. Selbst dem Autor passierte es einmal, dass er mit „Frau Hartmut Oertel“ angeschrieben wurde. Und dies sogar aus dem schweizerischen St. Gallen, wo der Namenspatron vor über tausend Jahren Abt gewesen war!
Früher bestanden manche Frauen darauf, mit „Fräulein“ angesprochen zu werden. Häufig waren das auch ältere Frauen aus den Kriegerjahrgängen, die eben keine Ehemänner mehr finden konnten.
Der berühmte Gretchen-Spruch kommt in den Sinn:
„Bin weder Fräulein, weder schön
Kann ungeleitet nach Hause gehn.“ [ – Sie macht sich los und ab.]
Gretchen sagte nicht damit, dass sie nicht mehr „unbefleckt“ war, sondern dass sie nicht aus einer vornehmen Familie stammte, also keine „junge unverheiratete Dame“ war. Der in Wallung geratene Faust respektierte ihren Willen und ließ ab. Er war also durchaus schon emanzipiert.
Dass aber auch die dritte Bedeutung des Wortes, nämlich als Bezeichnung für eine weibliche Bedienung beliebigen Zustands oder Alters, in Verruf geriet, man möchte meinen als Kollateralschaden, bedaure ich nach wie vor. Ich rufe die Bedienung nicht gerne mit einem „Hallo“ oder gar „Entschuldigung“. Hier mache ich heute vom Vorrecht des Alters Gebrauch und mag dann etwas altmodisch oder anachronistisch bis deppert gelten. Gelegentlich gerate ich in eine Diskussion darüber, die mir jedoch meist Freude bereitet.
Eine weitere Beobachtung der letzten Jahre betrifft die Sprachregelung der „gender-neutralen“ Sprache, oder wie man es ausdrücken könnte, den Nexus von Genus und Sexus. Es ist eine Oberflächlichkeit, auf die nun geachtet wird. Fühlten sich Clara Zetkin, Hannah Arendt, Marie Curie, Angela Merkel oder Christine Lagarde als „Studenten“ tatsächlich abgewertet? Was sagte denn Alice Schwarzer in ihren Studentinnentagen dazu?
Die redlichen Bemühungen von Fest- und anderen Rednern um eine korrekte Redeweise wirkt dann besonders kurios, wenn von „Mitgliedern und Mitgliederinnen“ gesprochen wird. Selbst das Wort „Beamtin“ ist eine überflüssige Neuschöpfung, denn es gibt genau wie eine Angestellte im Gegensatz zu ihrem männlichen Kollegen (ein Angesteller) bereits die Beamte und den Beamten.
2. Das Geld
Während dies alles oberflächlich sein mag, drückt sich die schlimmste mangelnde Gleichstellung wohl jedoch in Einkommensunterschieden aus. Statistisch gesehen verdienen Frauen, je nach zu Grunde gelegter Statistik, zwischen 6% und 20% weniger als Männer, bei gleicher Leistung.
Stimmt das tatsächlich, „bei gleicher Leistung“?
Ich frage mich, warum ich bisher von keiner Rechtsanwältin gehört habe, die Firmen verklagt, weil diese mit ihrer Männerwirtschaft offensichtlich Geld verschwenden. Denn mit der Einstellung von mehr Frauen, insbesondere in höheren Positionen, könnten doch Betriebsausgaben zwischen 6% und 20% (s.o.) gespart werden, die dann in Investitionen oder Dividenden gesteckt werden könnten. Insofern ist die Einstellung von Männern Geldverschwendung und eine Veruntreuung von Betriebsmitteln. Das ist jedoch zumindest bei Aktiengesellschaften strafbar.
Wo ist der Fehler?
3. Das Herrscherhaus
Wie bei den anderen Überschriften bemühe ich mich bei diesem Abschnitt auch um ein neutrales Wort. Müssten nicht die Genealogien neu geschrieben werden? Würden die spanischen Bourbonen unter diesem Gesichtspunkt zu Bayern, weil des ersten „Bourbonen“-König Philipps V Mutter Anna Maria Victoria von Bayern war?
Ich freue mich auf Kommentare an hartmutoertel@mac.com.
Hartmut Oertel
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