Ch. Geißler

Anlässlich des 50jährigen Jubiläums der Eingemeindung Tiengens nach Freiburg beschreibt Ortschaftsrat Christian Geißler in einer lockeren Reihenfolge, welche Bedeutung eine Ortschaftsverfassung für den Ortsteil Tiengen hat, welche Rechte und Pflichten ein Ortschaftsrat und Ortsvorsteher und Ortvorsteherinnen haben, sowie die Aufgaben der Ortsverwaltung.

Heute am 06.07.23: Der Ortsvorsteher bzw. die Ortsvorsteherin

Für die bessere Lesbarkeit wird im folgenden Text für den Ortsvorsteher nur die männliche Form benutzt.

Für das Funktionieren der Ortschaftsverfassung hat der Ortsvorsteher vielfältige Aufgaben und Zuständigkeiten. Insbesondere muss er in der Lage sein sowohl zwischen der Ortschaft (Tiengen) und der Gesamtgemeinde (Stadt Freiburg) als auch zwischen den Einwohnerinnen und Einwohnern und dem jeweiligen Ortschaftsrat die unterschiedlichen Interessen auszugleichen. In dieser Funktion vertritt er den Oberbürgermeister bei dem Vollzug der Beschlüsse des Ortschaftsrats und bei der Leitung der örtlichen Verwaltung.

Bei der Wahrnehmung dieser Stellvertretung als Leiter der der Ortschaftsverwaltung hat er keine Zuständigkeit zur Sachentscheidung. Er ist „nur“ für den ordnungsgemäßen Ablauf der Verwaltung und die sachgemäße Erledigung der anfallenden Aufgaben verantwortlich.
Der Ortsvorsteher vertritt die Ortschaft und besonders die Beschlussfassungen des Ortschaftsrates im Gemeinderat. Aus diesem Grund kann er an den Verhandlungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse beratend teilnehmen. Dabei muss er aber beachten, dass sich die Entscheidungen des Ortschaftsrates nicht nur an den Bedürfnissen und Wünschen der Ortschaft, sondern auch an den Gesamtinteressen der Gemeinde (Stadt Freiburg) zu orientieren haben.

Der Ortsvorsteher wird zwar vom Ortschaftsrat gewählt, die endgültige Entscheidung hat aber der Gemeinderat (Stadtrat) und muss von diesem bestätigt werden. Als Vorsitzender des Ortschaftsrates bereitet er für die jeweiligen Sitzungen die Tagesordnung vor. Mit Beginn der Sitzung aber kann der Ortschaftsrat die Tagesordnung ändern und ergänzen oder die Reihenfolge ändern.

Weiterhin ist der Ortsvorsteher (oder auch „Ortsversteher“) Ansprechpartner für Bürger, Ortschaftsräte, Vereine und andere Gruppierungen der Ortschaft. Daraus ergeben sich eine Fülle von Aufgaben und Möglichkeiten, gestaltende Initiativen zu ergreifen. Er ist – und nicht einzelne Ortschaftsräte – als Repräsentant der Ortschaft Vertrauensperson und somit Ansprechpartner für persönliche Anliegen und Probleme der Bürger. Insofern verwundert es nicht, dass er manchmal noch immer mit „Bürgermeister“ angesprochen wird.
Die Beratung der Bürger und Bürgerinnen verläuft nicht immer ohne Probleme, kann es doch leicht zu Differenzen zwischen einzelnen Bürgerinnen und Bürgern, aber auch unter Umständen mit den Gemeindeorganen kommen. In einem solchem Fall empfiehlt es sich, den vorgetragenen Sachverhalt sogfältig zu prüfen und der Verwaltung in der Stadt mit der Bitte um Abhilfe oder um Stellungnahme vorzulegen.

Ortskenntnis und persönliche Kontakte helfen dabei, auch komplexe Bauplanungen oder Dorfentwicklungsmaßnahmen voranzubringen. Dazu ist es notwendig, dass der Ortsvorsteher Einzelgespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern durchführt und auch Hilfestellung bei einer eventuellen Antragsbearbeitung leistet.

Fazit: Er (der Ortsvorsteher) kennt viele und viele kennen ihn, aber auch nicht alle. Das hat Vorteile, aber auch Nachteile. Daher muss er immer um seine Unabhängigkeit bemüht sein, um jedem und jeder gerecht zu werden.